Tag 4 – Mondlandschaft und flauschige Felsen
Heute steht eine lange Etappe an. Von Skogar bis kurz vor Høfn. Das sind knapp 300 km. Bei optimalen Bedingungen in 3,5 Stunden zu schaffen. Aber: Es regnet und auf der Strecke liegen so viele Sehenswürdigkeiten, dass wir wahrscheinlich auch viel Zeit außerhalb des Autos verbringen werden.
Flauschige Felsen
Erster Stopp. Eldhraun. Was klingt wie eine Landschaft aus dem Herrn der Ringe, ist ein riesiges Lavafeld, das definitiv nach Elfen und Trollen aussieht. Die während einer der heftigsten Vulkanausbrüche der Geschichte entstandene Landschaft ist so stark von Moosen und Flechten bewachsen, dass praktisch keine scharfen Kanten existieren. Es erinnert ein wenig an die Überbleibsel einer epischen Kissenschlacht.
Zum Glück wird das Gelände durch Zäune geschützt, Touristenhorden würden nämlich innerhalb kürzester Zeit alles platt trampeln. Wie schlimm das aussieht, können wir an einer Stelle sehen, wo wir während einer kurzen Regenpause halten, um Fotos zu machen. Übel. Und im lokalen Klima braucht die Natur Jahrzehnte bis Jahrhunderte um sich von solchen Verletzungen zu erholen.
Witzigerweise ist wieder die Braut in Rot da – just, als es zu regnen beginnt. Die lassen wirklich nichts aus.
Danach Foss á Síðu, der erste Wasserfall des Tages. Hübsch, aber leider wegen eines Gatters nur von der Grundstücksgrenze aus zu fotografieren. Danach eine spektakuläre Stromschnelle. Von der Straße aus am Leichtesten anhand der Menge an wild parkenden Autos zu erkennen. Spannend, wild, viele Möglichkeiten mit langen Belichtungszeiten zu experimentieren. Wir halten es aus, bis der Regen wieder zu stark wird.
Mondlandschaft
Die Straße führt weiter durch eine spektakuläre Mondlandschaft, die schon durch ihre Gesichtslosigkeit fasziniert. Automobilistisch ist wenig los, also halten wir immer mal wieder, um die Lavalandschaft einzufangen. Als Soundtrack würde das 2. Cellokonzert von Shostakovich passen. Immer wieder zeugen Autospuren im Lavasand davon, dass Allradfahrer gerne irgendwo fahren, wo „Mann“ ein Allradfahrzeug braucht.
Hinter einer Kurve liegt plötzlich der Skaftafjell-Gletscher vor uns. Ein leerer Parkplatz und eine Regenpause laden uns zu einer kleinen Ortsbegehung ein. Das lohnt sich. Die eisblaue vordere Gletschrekante liegt malerisch zwischen Bergflanken und hinter ein paar spiegelglatten Teichen. So wie direkt von der Wunschliste der Fotografengemeinde. Wir stapfen dümmlich grinsend durchs Gelände und fotografieren wild vor uns hin. Dass trotz des trüben Himmels plötzlich die Sonne durchbricht, beschert uns einige spektakuläre Bilder. Das Licht küsste erst ein paar Bergspitzen wandert dann weiter und streift zum Schluss sogar den unteren Rand des Gletschers. Fotografentraum.
Motiv gefunden
Ein Motiv, dass mir an diesem Tag so ganz nebenbei zufällt, weil es wie kein anderes die Weite der isländischen Landschaft mit ihrer trotzdem immer vorhandenen Anbindung auch kleinster menschlicher Siedlungen symbolisiert sind Strommasten. Sie stehen parallel zur Ringstraße und erheben sich mit fragilen Beinen auf plattem Untergrund. Grafische Elemente, die der Straße folgen, sie gelegentlich queren, sich hin und wieder teilen, um sich vom Weg zu lösen. Auch in den nächsten Tagen, wird mich dieses Motiv verfolgen. Die Bilder dieser Serie sind für mich im Nachhinein mehr „Island“, als alle Wasserfälle zusammen.
Hot-Spot im Eis
Wir erreichen die „Gletscherlagune“. Der wohl berühmteste Gletschersee der Welt, Jökulsarlon. Einer der Top-10 fotografischen Hot-Spots der Welt. Da wir von Westen kommen, erreichen wir zuerst die „unspektakulärere“ Seite des Seens. Die Ruhe, die das eisige Gewässer hier ausstrahlt, hat fast nichts gemein mit der pompösen Wirkung des Eises, die wir einige Tage auf der anderen Seite später sehen werden. Heute ist das Wetter trüb und der See grau. Es fängt wieder stärker an zu regnen und wir sind bald zu nass, als das es noch Freude macht. Wir fahren zu unserer Unterkunft.
Heute schlafen wir in Hütten. Das ist typisch und macht sogar Spaß. Der nette Herr an der Reception empfiehlt uns für das Abendessen ein Restaurant in Høfn. Da es Mittags nur Schokoriegel gab tut eine warme Mahlzeit jetzt nit. Das „Pakkhús“ am Hafen soll „ganz gut“ sein. Das stellt sich als die Untertreibung des Jahrhunderts heraus. Wir bekommen den letzten freien Tisch und das beste Rib-Eye Steak meines Lebens. Wir fotografieren unser Essen – nicht mit den Handys (o.k. auf dem Foto hat Simon sein Handy, aber das war einfach bequemer, um die Familie daheim neidisch zu machen), sondern mit der schweren Artillerie (das wirkt sogar auf die kichernden Asiaten am Nebentisch schräg).
Und den Nachtisch, denn der „Skyr Volcano“ ist auch der beste Nachtisch, denn ich seit langem hatte. Ebenso der „Chocolate Brownie“ und das „Icecream Parfait“. Die „Lakritz Créme Bruleé“ lassen wir aus Feigheit aus. Die Langusten, die das Restaurant serviert, werden übrigens direkt von dem im Hafen liegenden Schiff, der „Sigurdur Olafsson SF44“, angeliefert. Frischer geht nicht. Allerdings liegt im Moment die gesamte Flotte im Hafen, denn die Fischer streiken. Das hat auch Auswirkungen auf den geplanten kommerziellen Teil der Reise.
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