Eigentlich wollte ich Zeichner werden.

Wie kommt ein Designer/Illustrator/Zeichner zur Fotografie? Und was macht den Unterschied zu einem klassisch ausgebildeten Fotografen aus? Gibt es überhaupt einen Unterschied?

Als ich meine künstlerische Karriere begann (mit ca. 10 Jahren) zeichnete ich Comics. Internet gab es noch nicht, also zeichnete ich meine Lieblingsfiguren aus den Heftchen nach. Micky, Donald, Batman… Und natürlich die ersten Versuche in freiem Zeichnen und Malen – Blumen, Landschaft, eben alles was man so versucht. Dann studierte ich Design. <die Disziplin, die alle visuellen Gestaltungswege zusammenführt: Foto, Zeichnung, Bewegtbild, Typografie, Corporate Design…

Nach und nach wurde ich als Zeichner besser, natürlich auch durch die Motivation meiner Professoren, und begann auch andere Techniken auszuprobieren: Aquarell, Acryl, Öl… Es machte Spaß – das tut es auch heute noch – zu erleben, wie ein Bild aus dem eigenen Kopf langsam seinen Platz auf der Leinwand bzw. dem Zeichenpapier einnimmt. Was mich immer faszinierte, war der Aspekt, dass man niemals fertig wird, sondern nur entscheiden kann aufzuhören. Das macht oft den wahren Künstler aus, zu erkennen, wann es reicht. Schon manches gute Bild wurde aus Übereifer einfach totgemalt.

Detail der mallorquinische Küste mit der Squeezerlens aufgenommen

Detail der mallorquinische Küste mit der Squeezerlens aufgenommen

Das ist der kritische Moment beim Zeichnen, zu erkennen, wann der nächste Strich das Bild nicht mehr besser macht. Wenn das nächste Detail eines zu viel ist. Gerade Techniken wie das Aquarell verzeihen nichts. Was da ist, ist das und kann nicht wieder weggenommen werden – ein bisschen wie das Leben.

Das Anfangen ist genau so schwer wie das Aufhören. Den Stift oder Pinsel auf die unberührte Fläche zu setzen ist ein Akt der Verunreinigung, der Beschmutzung . Mein Illustrationsprofessor neigte daher dazu, seine Blätter erst einmal einzuklecksen, um die Ehrfurcht vor dem unberührten Papier zu verlieren.

Der Wechsel zur Fotografie

Als ich dann begann zu fotografieren war erst einmal alles so einfach. „Klick“, ein ganzes Bild war da. Anfangs auf Film, später als digitaler Datenbestand. Man konnte nur noch das Ganze manipulieren, aber nicht mehr nach und nach entstehen lassen. Lange nahm ich das nicht als Manko wahr, aber in jüngster Zeit bemerkte ich, dass meine Fotos nicht das aussagten, was ich im Moment der Aufnahme gesehen hatte. Es gab zu viele Details, zu viel Gleichzeitiges.

Stürmische Küste - Langzeitbelichtung

Stürmische Küste – Langzeitbelichtung

Kamera vs. menschliche Wahrnehmung

  • Das Auge fokussiert immer nur einen kleinen Punkt, die Kamera das ganze Geschichtsfeld.
  • Das Gehirn vergisst Feinheiten, das digitale Bild vergisst nichts.
  • Unser Körper erlebt eine Szene mit allen Sinnen, die Kamera erkennt nur Helligkeitsunterschiede.

Mir wurde langsam klar, dass ich an meinem Vorgehen etwas ändern musste.

Klassisch ausgebildete Fotografen kennen diese Unterschiede vielleicht nicht einmal. Ihr Werkzeug tut, was sie gelernt haben und der Prozess ist für sie ohne Fragezeichen. Es wird viel vorbereitet, viel mit Menschen gearbeitet, aber das Bild ist auf einen Klick da. Die Nachbearbeitung findet dann auch am kompletten Motiv statt.

In bestimmten Bereichen der Fotografie wir natürlich auch mit Einzelaufnahmen gearbeitet, die dann zu einem Composing zusammengeführt werden, aber auch das ist nicht ganz dasselbe.

Mindscapes – mein neuer Weg

In meiner „mindscapes“ Serie experimentierte ich mit den Möglichkeiten  der digitalen Bildbearbeitung, um wieder dorthin zu kommen, wo ich als Zeichner schon war. Das feine Gleichgewicht zwischen konkret und angedeutet wieder zu erhalten.

Fischerboot nach dem Regen

Fischerboot nach dem Regen

Heute ist das Fotografieren für mich nur noch ein kleiner Schritt im Gesamtprozess, ähnlich wie vielleicht das Einkaufen der Lebensmittel ein Teil des kreativen Prozesses ist, der einen Spitzenkoch ausmacht. Die Komposition, die Zubereitung, das Anrichten und natürlich das Weglassen sind genau so wichtig.

Da ich mit dem Blick des Zeichners fotografiere und von der Warte des Designers aus auch immer noch artfremde visuelle Optionen berücksichtige, sehe ich mich heute nicht mehr als „Fotograf“. Ich, der „Bildermacher“, erkunde bildgestalterische Möglichkeiten – ich bin ein „Visual Explorer“