Menschen fotografieren gerne ihre Mahlzeiten – klingt komisch, ist aber so.
Ich konnte nie so ganz verstehen, was an Pommes Rot-Weiß so pittoresk sein soll, aber auch ich kann mich der Versuchung nicht entziehen gelegentlich Bilder von gedeckten Tischen zu machen. Vermutlich ein Spleen der durch jahrelange unkontrollierte Produktfotografie ausgelöst wurde.

Was mich reizt, sind kleine Stilleben aus interessanten gastronomiespezifischen Objekten: Tischdekoration, Besteck, Tischplatten etc.

Im Allgemeinen wirken solche Fotos eher blutleer. Das liegt daran, dass ein gutes „Tabletop-Foto“ nicht einfach ein Knipsbild von vorgefundenen Gegenständen darstellt. Um zu wirken, müssen die Objekte fein arangiert werden und klar erkennbar sein, was das Kernstück des Bildes, die Bildaussage, ist. Dummerweise geht das im „öffentlichen Raum“ normalerweise nur, indem man sich im Restaurant oder Café total zum Affen macht. Salzstreuer vom Nachbartisch klauen, Besteck umarrangieren, lustige Kaffeflecke auf die Tischplatte applizieren… Kellner in ganz Europa lieben mich für sowas – und die eigene Familie leugnet gelegentlich mich zu kennen.

Dann muss man noch ein paar Minuten mit verschiedenen Objektiven die beste Perspektive suchen, kleine Aufheller aus Speisekarten basteln und schon hat man ein feines Andenken an den kaltgewordenen Kaffee in dem kleinen Bistro in Bath.

Der Trick ist aber wirklich, dass sich nicht zufällig im ersten Foto auch das beste Bild versteckt. Gute Fotografen machen viele Bilder, mit minutiös umarrangierten Objekten aus unterschiedlichen Perspektiven. Der Geheimtipp: Gegenlicht. Das kann man auch mit einem strategisch geschickt platzierten Blitz simulieren – wenn das die Geduld der Begleitpersonen nicht überstrapaziert natürlich.

Im Beispielbild reizte mich die Prägung auf den alten Kaffeelöffeln die im weichen Fensterlicht optimal zur Geltung kam, dazu noch die vorhandenen entsättigten Farben – perfekt.

Es lohnt sich die Aussage auf ein kleines Detail zu legen. Dann weiß der Betrachter später, wo er hinzuschauen hat.
Panoramen vom Bordbuffet des Kreuzfahrtschiffes sind für Dritte eher unerfreulich.
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