Mit meinem neuen Steampunk-Spielzeug (obwohl der Begriff völlig falsch ist, das Ding ist ein ernstzunehmendes Arbeitsgerät und funktioniert absolut ohne Dampf) war ich beim ersten Schnee unterwegs. Wer jetzt denkt, ich sei ein retrovernarrter Spät-Hipster hat recht. Aber ich muss zu meiner Entschuldigung sagen, ich hatte schon einen Vollbart, als es noch uncool war. Ich mag Einstellräder an meiner Kamera und Ledertaschen. Film brauch ich jetzt ehrlich gesagt nicht mehr, aber mein Lichtschachtsucher fehlt mir ab und zu schon.
Warum jetzt so ein „Steampunk“-Ding?
In der Steampunk-Szene wird ja viel Equipment gebastelt, das so aussieht, wie Ausrüstung aussähe, wenn es keine Elektrizität gäbe. Viel Mechanik, Messing, Leder. Das Tolle an der „Squeezerlens“ Wie sie eigentlich heißt, ist, dass sie wirklich funktioniert. Allerdings so anders, dass mansich auf keine lange antrainierten Automatismen mehr verlassen kann. Permanent wach sein ist also angesagt.
Das Objektiv ist schon eine Diva. Wer sich an Autofokus und andere Bequemlichkeiten gewöhnt hat muss kämpfen. Ich musste 🙁
Aber es lohnt sich. Es gibt natürlich keine „klassischen Fotos“ – aber wer will das schon. Durch die bewusste Spielerei mit der Schärfe und den bautechnischen Gegebenheiten des Objektivs, erhält man bizzar bis traumhafte Bilder die sonst nur mit jeder Menge Photoshop zu erzielen sind.
Das Schöne daran ist, dass man fast ohne Bildbearbeitung auskommt. Die Wirkung entsteht schon im Moment der Aufnahme. „Sehen“ ist also angesagt – bekanntlich das Schwierigste am Fotografieren. Photoshop kann ja jeder (hab‘ ich das gerade gesagt?).
Und die Laborarbeit?
Ich habe die Bilder nur mit meiner aktuellen Lieblingseinstellung in NIK Silver Efex umgewandelt. Schwarzweiß tut dem Objektiv gut, da die Korrektur chromatische Aberration etc. nicht ganz auf aktuellem Niveau sind. Aber auch diese „Objektivfehler“ tragen dazu bei individuelle Wirkung zu erzeugen. Die Schärfe ist so wie sie aus der Kamera kam, die Gradation (so hat man früher gesagt) ist etwas härter gewählt. Es braucht allerdings so drei bis fünf Aufnahmen von jedem Motiv, damit man eine erhält, bei der alles (so ziemlich) passt.
„Pictorialismus“ kommt wohl so manchem in den Sinn. Stimmt. Mir auch als erstes. Aber mir gefällt die Wirkung die dem Megapixelwahn des Marktes entgegensteht. Wie sagte schon Henri Cartier-Bresson: „Schärfe ist ein bourgeoises Konzept.“
Wie man gut sieht liegt die Schärfe sehr elitär irgendwo im Bild und die Unschärfebereich (neudeutsch: Bokeh) sind anders, als bei herkömmlichem fotografischem Glas.
Es handelt sich definitv um keine Linse, die man vom Stativ aus einsetzen möchte. Da man permanent Kraft auf den Faltenbalg ausüben muss, bringt ein Stativ praktisch keine Verbesserung der Schärfe oder bei der Wahl des Ausschnittes.
Wenn man nichts tut, fokussiert mein Exemplar auf ca. 30 cm Entfernung. Aber das kann je nach Einzelstück wohl etwas anders ausfallen.
Ach ja, man kann die Dinger kaufen. 🙂
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