Gedanken zur Streetphotography
„Streetphotography“ ist ein Genre, dem ich bislang nicht wirklich nahe gekommen bin. Ein, zwei Fotos von Szenen im öffentlichen Raum reißen es einfach nicht rum. In Amsterdam kann man aber fast nicht anders. Zu viel passiert am Rande der Grachten. Die Stadt tritt in den Hintergrund und überlässt den Menschen die Bühne.
„Streetphotography“ ist ein lustiger Anglizismus – der deutsche Begriff „Straßenfotografie“ ist allerdings noch lustiger – der, wie ich glaube gerne benutzt wird, um Beliebigkeiten zu veredeln. Ihnen den Ruch von „Kunst“ zu verleihen. Aber manchmal entsteht auch wirklich ein Bild – Henri Cartier-Bresson war ein Meister – oft aber bleibt es beim Knipsbild. Lapidar, belanglos.
Im zeitlichen Abstadt gewinnen die Bilder gelegentlich durch ihren dokumentarischen Wert an Reiz, wenn auch nicht unbedingt an Bedeutung. Unbekannte, die Unwichtiges vollbringen, nicht gerade ein Thema, über das man ein Buch schreiben würde (außer vielleicht ein Drehbuch für eine Daily-Soap).
Die ewige Herausforderung
Trotzdem hat der Fotograf immer den Meister vor Augen: Cartier-Bresson, dessen „Unbekannte, die Unwichtiges vollbringen“ so sehr ins Herz treffen. Vielleicht noch mehr, als seine „Berühmtheiten, die gerade Zeitgeschichte schreiben“. Man will Cartier-Bressons „entscheidenden Moment“ selbst versuchen.
Aus dem ewigen Vergleich mit dem Meister entsteht wahrscheinlich auch der Ansatz die Bilder in Schwarzweiß zu entwickeln. Sie zu befreien vom Grundrauschen der Farbigkeit, reduzieren auf das dokumentarische Hell-Dunkel.
„Wer schwarzweiß fotografiert, fotografiert Menschen, wer in Farbe fotografiert, fotografiert Kleider.“
Menschenbilder
Man will den Menschen zeigen, aber ohne sich mit ihm zu beschäftigen. Was echte Portraitisten wahrscheinlich als Ding der Unmöglichkeit abtun werden. Denn wer die die Tiefe einer Person ausloten will, braucht die Auseinandersetzung mit dem Gegenüber. Aber es kann gelingen. Man zeigt ja nicht das Individuum, man zeigt einen Menschen, der menschliches tut. Das könnte aber auch irgendein anderer tun: die Straße überqueren, sitzen, telefonieren. Austauschbare Handlungen von austauschbaren Personen.
„Streetphotography zeigt Personen, die keine Persönlichkeiten sind.“
Ein Maler als Vorbild
Menschen im Licht. Einer der berühmtesten amerikanischen Maler, Edward Hopper, hat immer wieder Menschen gemalt, die im Licht stehen. Einsam, aber auf der Suche nach dem Licht. Viele seiner Szenen könnte man als „Straßenfotografie mit dem Pinsel“ bezeichnen. Ein großer Ansatz, als Vorbild für Fotografie einen Maler zu wählen. Einen der minutiös planen konnte, was wir in Sekundenbruchteilen erfassen und festhalten wollten. Für Filme diente seine Bilder schon häufig als Vorlage. Man befindet sich also in guter Gesellschaft.
„Man muss es versuchen. Manchmal kommt ein Bild heraus.“