Es lebe der Zentralfriedhof…

Station 2 auf unserer Wienreise war der Zentralfriedhof – weltberühmt für seine Ehrengräber von prominenten Wienern (von denen anfangs einige extra hierhin umgebettet wurden um die Attraktivität des ungeliebten neuen Friedhofs zu steigern).

Der Zentralfriedhof beherbergt mittlerweile doppelt so viele tote Wiener wie die Stadt lebende.

Es ist eine riesige Anlage mit unglaublich schönen alten Gräbern (und unglaublich fiesen neuen).

Zentralfriedhof 1

Zentralfriedhof 1

 

Wann’s Nacht wird über Simmering, kommt Leben in die Toten

Aber auch die schönsten Grabmonumente, einfach so fotografiert wie sie nunmal da rumstehen, wirken leider meist wie Dokumentationsfotos für Steinmetzlehrlinge. Das morbide, verfallene, melancholische geht in solchen Bildern verloren.

Also galt es auch hier wieder eine Bildidee zu finden, die das Dritten gegenüber zeigt, was ich als Fotograf vor Ort empfand. Meine Stilmittel hierfür: Bildkombination, Farbwechsel, Struktur-Überlagerung.

Ich wollte Szenen schaffen, in denen die Statuen auf den Grabmalen wie Besucher wirken, eingefroren in Ihrer Melancholie (Melancholie ist einem berühmten Aphorismus nach „die Freude daran, traurig zu sein“).

Zentralfriedhof 2

Zentralfriedhof 2

Es lebe der Zentralfriedhof, die Szene wirkt makaber
Die Pfarrer tanz’n mit die Hur’n, und Juden mit Araber

Das konnte ich leider nicht beobachten, aber Wolfgang Ambros drückt in seinem Song schon Vieles aus, was ich hier wiedererkannte. Vielleicht hat mich das Lied vom Zentralfriedhof überhaupt erst alles so sehen lassen, wie ich es gesehen habe.

Inspiration ist der Anfang.

Interpretation der Weg.

Imagination das Ziel.

Manchmal hat man natürlich auch einfach Glück. Im dritten Bild dieser Serie ließ die Abendsonne einen Schatten auf die Grabmalfläche fallen, der der verhüllten Figur Engelsflügel verlieh. Danke dafür – hätte ich so nicht besser erfinden können.

Zentralfriedhof 3

Zentralfriedhof 3