Produktfotografie – Herausforderung Oberfläche
In der Studiofotografie gibt es
- einfache Objekte, die haben meist matte, ebene Oberflächen,
- komplizierte Objekte, die sind eher glänzend/spiegelnd
- anspruchsvolle Objekte, die sind gerne glänzend, transparent, mit Oberflächenstruktur und farbig.
Neulich durfte ich Flexodruckplatten fotografieren. Flexodruck wird z.B. für das Bedrucken von Verpackungen aus Kunststoff (Folie), Papier, Karton oder Pappe/Wellpappe eingesetzt. Die dazu verwendeten Druckplatten sind flexibel, transparent, glänzend und farbig – definitiv Kategorie „anspruchsvoll“.
Die Generalprobe
Vom Kunden hatte ich einen Karton mit Druckplatten in verschiedenen Größen bekommen. Meine „Hero-Platte“ hatte ich mir schnell ausgesucht. Ca. DIN A4 groß transparent mit rosa Druckflächen.
Ich wollte die Platte auf einer glänzenden Oberfläche fotografieren, damit man edle Spiegelungen erhält und auch sehen kann, dass die Platte transparent ist. Das macht’s natürlich nicht unbedingt einfacher.
Als erstes galt es klarzustellen, aus welcher Richtung das Hauptlicht kommen soll. Bei den meisten Produktaufnahmen ist es so, dass Licht von Hinten am besten die ganzen Details sichtbar macht, ggf. ergänzt durch ein bis siebzehn Zusatzlichter bzw. Reflektoren. Hier war das nicht anders. Das Testbild zeigt schon, das die Druckplatte recht gut aussieht und die Dreidimensionalität der Buchstaben gut rüberkommt. Als einzige Lichtquelle diente hier ein Striplight, das später auch für eine gut definierten Reflektion sorgen sollte.
Bei glänzenden Oberflächen kann man nicht einfach Licht anmachen und gut ist. Dank der Reflektions-Gesetzes „Einfallswinkel = Ausfallswinkel“ muss man die Lichtquelle so positionieren, dass ihre Position und der Winkel der beleuchteten Oberfläche erlauben, das Licht in die Kamera gespiegelt wird. „Einspiegeln“ nennt man das. Wenn’s nicht klappt hat man zwar viel Licht, aber das Bild bleibt schwarz.
Die folgende einfache Grafik veranschaulicht das Problem. Unter Umständen hat man mit den vorhandenen Platz zu kämpfen, weil man bestimmte Winkel erreichen muss.
Wenn man kein „Zusatzlicht“ hat, wie z.b. das Streulicht im Fotostudio, bliebe bei Abb. 1 das Bild schwarz.
In Abb. 2 sieht man, dass erst eine andere Position des Lichtes dafür sorgt, dass die Kamera auch etwas sieht.
Der erste Akt
Die Aufnahmesession fand in Anwesenheit des Kunden statt, da klare Ideen vorlagen, wozu das Foto benutzt werden sollte und man so gleich Details besprechen und umsetzen kann.
Die Druckplatte wurde erstmal mit erheblichen Mengen an Klebefilm in eine gewölbte Position gebracht. Das gestaltete sich nicht ganz einfach, da die Druckplatte doch ziemlich widerspenstig war und, um Flecken zu vermeiden, mit Handschuhen gearbeitet werden musste. Aufpassen oder Putzen ist immer besser als retuschieren. Nachdem die Platte in Form gebracht war wurde das Licht gesetzt. Trotz einiger Experimente blieb es dann doch bei einem Blitz (das Striplight aus dem Testlauf) und einem schwarzen Karton für einen strategisch gesetzten Schatten.
Das Finale
Da die Druckplatten nach der Belichtung mit Wasser ausgewaschen werden, sollte das in einer zweiten Aufnahme auch gezeigt werden. Also Platte neu positionieren, Licht umarrangieren und Wassertropfen setzen. Die sind natürlich nicht aus Wasser, das wäre in kürzester Zeit verdunstet und hätte fiese Ränder hinterlassen, sondern aus Glyzerin. Diese Tropfen standen sogar noch am nächsten Tag – und waren ziemlich schwer zu reinigen.
Post-Production
Ohne Photoshop geht ja nix mehr. Im vorliegenden Fall mussten natürlich die ganzen Klebestreifen wegretuschiert werden. Das war aber in recht kurzer Zeit erledigt. Die einzige weitere Anpassung war die Farbe des Hintergrundes, die einen kühlen Farbton erhielt, um eine schöne Trennung zur Farbe der Druckplatte zu erzeugen.