Wie ein Fotograf zum Film kommt…

Na ja. genau genommen komme ich ja gar nicht „zum Film“, sondern eher der FIlm zu mir. In der Bildermacherbranche bleibt die Zeit ja auch nicht stehen und daher kommt eigentlich niemand mehr an Video-Plattformen wie Youtube & Co. vorbei.

Fujifilm X-T2 im Video-Modus

Fujifilm X-T2 im Video-Modus

Video rules

Youtube ist mittlerweile die zweitgrößte Suchmaschine der Welt und das wissen auch die Firmen, für die ich im Allgemeinen arbeite. Also wird neben hübschen Standbildern auch immer mehr nach Filmmaterial gefragt.

Und jetzt?

Das Problem, habe ich nach der allerersten Euphorie bemerkt, ist, dass man als Filmer völlig anders planen und arbeiten muss, als als Fotograf. Mehr Planung, mehr Ausrüstung, mehr Aufgaben. Entspannt als One-Man-Show auf dem Platz zu erscheinen ist anspruchsvoll. Vor allem wenn „Wir benötigen von der Veranstaltung heute Fotos und Video“ angefordert wird. Hab‘ ich gemacht. Mache ich nicht mehr. Wenn man ein vernünftiges Ergebnis erreichen will, steht man permanent mit einer Herzkammer im Krankenhaus. Brauch‘ kein Mensch. Echt nicht.

Was wirklich zählt ist minutiöse Vorbereitung. Welches Equipment? Nur Video oder auch Ton? Bewegte Kamera oder nur Stativ? Jeder Faktor kann das zu beherrschende Material locker verdoppeln – was die reine Transportmenge betrifft, aber auch die Übung die dahinter steckt. Jeder, der schon mal versucht hat eine ruckelfreie Sliderfahrt zu filmen, weiß von was ich rede… Und die motorisierten Helferlein die es heute gibt wollen a) ebenfalls beherrscht werden und müssen b) auf Kommando funktionieren. Wie ein netter Herr bei der Bundeswehr mal sagte: „Im Krieg zählt das Einfache.“

„Video“ ist Mannschaftssport.

Video ist mindestens ein Zweipersonen-Job. Einer macht Bilder, einer macht Ton (und trägt Zeug, schafft Platz, beruhigt die nervösen „Talente“ etc.). Und „Ton machen“ ist ein echter Job für sich. Cooles Equipment mit Knöpfen und ein Kopfhörer aus der Zeit, als „Hifi-tauglich“ noch eine echte Ansage war.

Auf jeden Fall habe ich die letzten Monate damit verbracht, mich in allerlei Software einzuarbeiten die mich laut Werbung in die Lage versetzen sollte, völlig stressfrei hollywoodtraugliche Videos zu erstellen. Glaubt keiner Marketingabteilung! Bewegtbild ist kein Spaß. Nur weil die Kamera einen „Video-Knopp“ hat, heißt das noch lange nicht, das später was Zeigbares dabei rauskommt.

„Qualität“ ist eine Straße, auf der es keine Abkürzungen gibt.

Leider hat sich das noch nicht völlig rumgesprochen. Mit einem Smartphone gibt es keine Kinoqualität. Es ist wie beim Kochen: Was zählt ist, was in den Topf reinkommt. Aus minderwertigen Zutaten kann man nicht nur kein „Sternemenü“ kochen, es langt eigentlich noch nicht mal für „Fast-Food“. Denn „schnell“ macht man aus „Huschpfusch-Material“ sowie so nichts.

Es gilt immer noch der alte Spruch „Wissen ist nicht Können, Wissen mit 1.000 Wiederholungen ist Können!“. Unterschätzt nicht, wieviel Zeit es benötigt, um zu einer gewissen Meisterschaft zu kommen. Auch wenn die Betrachter das kleine Filmchen toll finden, bedeutet das nicht, dass man einen referenzfähigen Film geschaffen hat. Selbst im Abendprogramm der einschlägigen TV-Anstalten werden „Werke“ gezeigt, mit denen man von der Filmschule fliegen würde.

Was geht?

Die Frage die sich auch immer stellt, ist: Was ist im Rahmen meines Etats machbar? Vielleicht ist der oben genannte TV-Film ja ein Knaller, wenn man erstmal weiß, wieviel (-wenig) Geld und Zeit zur Verfügung stand. Wenn ein Kunde kein Geld hat, dann muss man evtl. auch nicht mit dem großen Orchester auffahren. Das spart Frust und enttäuschte Erwartungen. Man muss es nur vorab für sich und den Kunden klarstellen.

Lebensweisheit

Zum Abschluss noch ein kleines Beispiel aus meiner „Lehrzeit“ (die immer noch anhält). Ein Testimonial-Video, das ich für einen Kunden in Island filmen durfte. Wir (meine zwei Kollegen und ich) hatten 50 Minuten, bis die Anlage zum Versand verpackt wurde. Während der Aufnahmen begannen also ein paar Wikinger das Gerät in Luftblasenfolie zu wickeln. Der Chef war super gut im Interview, aber dank eines Streiks der Fischer gab es keine Möglichkeit eine laufende Anlage zu filmen, daher musste ich im Nachhinein auch mit „Selbstgedrehtem“ vom Außendienst arbeiten.

Womit wir wieder am Anfang des Absatzes wären…

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://www.youtube.com/watch?v=W3kAW38Fqn0